Arturo Pérez-Reverte: Die Seekarte

Econ Ullstein List Verlag, München 2001.

Dieser Roman mit, wie sich im Handlungsverlauf zeigt, durchaus mehrdeutig zu verstehendem Titel umfasst 650 Seiten – aber keine ist zuviel! Zugleich Novelle, Kriminal-, Schatzsucher-, Seefahrer- und Liebesgeschichte hält das Buch Spannung und dichte Atmosphäre bis zur letzten Seite, wirklich gelungen!

Ein gestrandeter Seemann lernt auf einer Auktion von Schiffahrtsantiquitäten eine Frau kennen, die sich als Wissenschaftlerin nicht nur beruflich für eine Schiffskatastrophe des 18. Jahrhunderts vor der südspanischen Küste interessiert. Die Aufklärung der damaligen Geschehnisse, die Suche nach den Wracks, Auseinandersetzungen mit der "Konkurrenz" und die Annäherung der beiden Hauptpersonen bestimmen die Handlung. Dabei zeigt der Autor eine genaue und sichere Kenntnis der Seefahrtswelt, lediglich der Übersetzer hätte hier vorher etwas Nachhilfe nehmen müssen: Die an sich recht sachkundigen Beschreibungen sind oft in holprige, manchmal schlecht verständliche Begriffe und Redewendungen gefasst, wodurch für Insider der Erzählfluss gelegentlich ins Stocken gerät.

Einer der wenigen Kritikpunkt ist aus meiner Sicht, dass der Autor in einigen Kapiteln aktuelle und spezielle Musikstücke, Literatur oder ähnliches zur Beschreibung von Situationen und Stimmungen mit heranzieht. Diese Details sind bei vielen Lesern sicher mit anderen individuellen Erfahrungen verbunden oder unbekannt. So überträgt sich dann die Stimmung solcher Passagen manchmal nur schlecht oder gar nicht auf den Leser. Dies mindert aber das positive Gesamtbild wenig.

Insgesamt ist das Buch unbedingt empfehlenswert für alle, die Spannung, Anregungen zum Nachdenken und Träumen und gute Unterhaltung suchen!

Thomas Friße, 1.5.2002